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Horst, mein innerer Kritiker
Art
Tagebuch
Datum
Juni 2024
Standort
Kiel
Ich habe mir wieder viel zu lange Gedanken gemacht, wie ich diesen Text schreibe. Und lassen mich immer wieder ansetzen und meine Sätze bereits im Kopf korrigieren. Schuld daran hat Horst.
Wenn Horst ankommt, dann nimmt er ziemlich viel Platz ein. Er ist manchmal laut. Und er macht mich ziemlich klein. Indem er mir sagt, dass ich das nicht schaffen werde. Dass andere viel besser, schlauer und so viel weiter sind als ich.
Es gab eine Zeit, da hat mich Horst beim Gang durch die Stadt darauf hingewiesen, wie schön die anderen Schuhe von anderen Menschen sind. Wie stilvoll sie gekleidet sind. Auch wurde er laut und einnehmend, als ich mein Handy hervorgeholt habe und angefangen habe endlos in Instagram rumzuscrollen. Schon wieder sind die im Urlaub. Und was ist mit mir? Ich hocke in meiner Butze und muss arbeiten. Die Welt ist ungerecht.
Er wurde – und wird auch heute noch – manchmal laut, wenn ich anfange zu schreiben. Dann flüstert er mir ins Ohr, wer eigentlich diesen Schwachsinn lesen will. Dass ich es einfach sein lassen sollte. Und dass ich in den letzten Jahren einfach Glück hatte und schon bald die Menschen dahinter kommen, dass ich gar nicht schreiben kann.
Wenn er da war, fühle ich mich ziemlich mies. Selbstzweifel und Schuldgefühle kommen hoch. Besonders dann, wenn mir etwas wichtig ist, wie das Schreiben.
Horst ist mein innerer Kritiker. Vielleicht hast du ja auch eine innere Stimme, die dir manchmal im Wege steht. Kritik an sich ist ja gar nicht mal so schlimm. Schließlich dürfen wir uns verbessern. Ich finde diese innere Stimme nur ziemlich nervig, wenn sie mich so klein und fertig macht, dass es mir damit schlecht geht.
Ich wollte nicht, dass es mir schlecht geht. Ich wollte endlich glücklich sein und die Dinge machen, die mir Freude bereiten, ohne diese Stimme im Ohr.
Also habe ich mich hingesetzt. Und mal aufgeschrieben, was er mir sagt. Und warum er das sagt.
Und mich damit beschäftigt, warum es Horst eigentlich gibt. Und woher er kommt. Ich habe mir einfach mal Zeit für ihn genommen. Horst ist in meinem Kopf. Er ist ein tiefer negativer Glaubenssatz, der in einigen Situationen auftaucht. Er hat Angst, zu enttäuschen und nicht genug zu sein. Eigentlich will er mich davor beschützen, dass ich versage.
Ich habe Horst gesagt, dass es okay ist, dass er da ist. Er darf mir gerne sagen, was ich besser machen könnte, wenn ich wollte. Er soll dann nur bitte nur auch respektvoll mit mir reden und akzeptieren, wenn ich eine andere Meinung habe als er. Bitte denke dran: Du bist nicht Horst.